Klimapolitik: gefühlte Härte

Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich durch die Klimaschutzmaßnahmen überfordert. Das zeigen die Diskussionen der letzten Monate und die jüngsten Landtagswahlen. Die hohe finanzielle Mehrbelastung der Verbraucher resultiert tatsächlich aber aus der hohen Inflation, den steigenden Mieten und den vor allem wegen des Ukrainekriegs um etwa 33 Prozent gestiegenen Heizkosten.

Die direkten Belastungen der Verbraucher:innen durch Klimaschutz sind stattdessen vergleichsweise gering. Die EEG-Abgabe auf den Strompreis wurde von der Ampelregierung komplett gestrichen. An den sehr hohen Energiekosten (Diesel bei 185 Cent/Liter, Benzin bei 180 Cent/Liter, Gas bei 120 Cent/Kubikmeter) hat die – übrigens noch von der CDU-SPD-Regierung beschlossene - CO2-Abgabe (30 Euro pro Tonne CO2) nur einen Anteil von rund fünf Prozent. Dieser Kostenanteil wird zudem durch die von der Ampelkoalition beschlossenen Energiepreisentlastungen weit überkompensiert.  Zudem wurde das günstige 49-Euro-Ticket eingeführt, und die extrem hohe Subventionierung der Flugpreise und das Dienstwagenprivileg blieben unangetastet.

Die notwendigen schärferen Klimaschutzauflagen liegen in weiter Ferne. Neuzulassungen von Diesel-Pkw und Benziner sind erst ab 2035 verboten. Die Verbrenner können dann noch zehn bis 15 Jahre gefahren werden. Heizungen müssen in den nächsten Jahren nur bei einem Komplettausfall durch klimafreundlichere ersetzt werden - mit einer angekündigten Förderung von bis zu 70 Prozent der Kosten. Schärfere Gebäudestandards hat die Bundesregierung vertagt.

Dass sich die Bürger schon durch die überaus milden Klimaschutzauflagen „ganz übel betroffen“ fühlen, ist ein Kommunikationsdesaster und eine schwere Hypothek für notwendige und überfällige Klimaschutzmaßnahmen. Diese werden auf die nächsten Jahre und die nächste Generation verschoben – ganz im Widerspruch zu dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht hatte im März 2021 eine schärfere Klimaschutzgesetzgebung verlangt und damit begründet, dass sonst nach 2030 drastische Maßnahmen erfolgen müssten, die die Freiheitsrechte der Bürger verletzen würden.

Nach dem derzeitigen Gesetzgebungsstand wird das Klimaschutzziel 2030 aber um 200 Millionen Tonnen CO2 überschritten werden. Gerichtsfeste Klimapolitik wird ab dann wirklich hart.

Erschienen in der Frankfurter Rundschau vom 13.10.2023

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