Landfill Mining - Option oder Fiktion?

In den letzten Jahren sind die Umweltbeeinträchtigungen durch Primärrohstoffförderung, die mögliche Verknappung natürlicher Rohstoffe und dessen Auswirkung auf die Realisierung von Zukunftstechnologien stark in den Fokus der nationalen und internationalen Debatten gerückt. Die zukünftig verstärkte Gewinnung von Sekundärrohstoffen wird als ein wichtiger Eckpfeiler zur Minderung von Umweltbelastungen und Verknappungstendenzen eingestuft (vgl. Öko-Institut 2009, 2011, Graedel et al 2011). Die Rückgewinnung von Stoffen bzw. Materialien aus dem von Menschen geschaffenen (anthropogenen) „Lager“, d.h. aus nicht mehr genutzten Gebäuden und Verbrauchsgütern (Altfahrzeuge, Elektrogeräte usw.) bzw. nicht mehr genutzter Infrastruktur wird unter dem Schlagwort „Urban Mining“ zusammen­gefasst.

Ein Teil der Ressourcen, die von Menschen genutzt werden bzw. wurden (ca. 10-20%) wurde oder wird in Deponien und Halden abgelagert. Die Konzepte zur Rückgewinnung nicht mehr genutzter anthropogener Ressourcen aus Deponien werden unter dem Begriff Landfill Mining zusammengefasst (Rechberger 2011). Landfill Mining wird hier als ein Teil des Urban Mining verstanden.

Die Materialflussanalysen zeigen, dass das anthropogene Lager in den vergangenen Jahr­zenten in den hochentwickelten Industriestaaten stark angewachsen ist und weiterhin wächst. Geschätzt beträgt es 400 Tonnen pro Kopf und beinhaltet relevante Mengen an mineralischen, metallischen und organischen Wertstoffen. Diese heute genutzten Materialien werden als potentielle Abfälle von morgen gesehen. Um den damit einhergehenden Einstieg von anfallenden Abfallmengen auf vertretbarem Niveau zu halten, muss dieses anthropo­gene Lager auf optimalem Niveau rezykliert werden und eine möglichst geringe Menge an nicht mehr nutzbaren Stoffgemischen (Abfälle) deponiert werden. Urban Mining beschäftigt sich also damit

1. Das bestehende anthropogene Lager stofflich und hinsichtlich einer zukünftigen Explor­ation zu charakterisieren (Lagerforschung);

2. Den zukünftigen Lagerzuwachs derart zu gestalten und zu dokumentieren, dass zukünftig hohe Recyclingraten erzielt werden können und

3. Die methodischen und technischen Grundlagen für die optimale Nutzung der Stoffe aus dem anthropogenen Lager zu entwickeln.

Gemäß dem Regelwerken für Deponien, dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz und der Deponieverordnung ab sind „Deponien Beseitigungsanlagen zur zeitlich unbegrenzten Ablagerung von Abfällen oberhalb der Erdoberfläche (oberirdische Deponien) oder unterhalb der Erdober­fläche (Untertagedeponien).“

Diese Definition der Deponie würde sich zukünftig erübrigen, wenn diese im Sinne des oben skizzierten Landfill Mining als zusätzliche „Lager“ für Sekundärressourcen aufgefasst werden und falls Landfill Mining in der Tat zum Bestandteil der abfallwirtschaftlichen Konzepte bzw. des Ressourcen-Managements wird.

Wird der Begriff Landfill Mining auch als Maßnahme zur Einschränkung der Schadstoff­freisetzung betrachtet (Bsp. Rückbau Deponie für chemisch toxische Abfälle in Kölliken in der Schweiz) ergeben sich weitere Fragenstellungen hinsichtlich sowohl der Wirtschaftlich­keit versus moralischen Verpflichtungen als auch der aktuellen Gesetzgebung

Die von der Stiftung Zukunftserbe geförderte Studie „Landfill Mining – Option oder Fiktion“ des Öko-Instituts zeigt aktuelle Diskussio­nen und Entwicklungen zum Thema Landfill Mining auf , skizziert die möglichen Potenziale, geht auf technische Rahmenbedingungen ein und vergleicht die Potenziale durch Landfill Mining mit sonstigen Sekundärrohstoff­potenzialen.

Die Studie steht als PDF-Fassung zum Download bereit:

Urban Landfill Mining - Option oder Fiktion?

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie hier: http://www.resourcefever.org/

Ansprechpartner am Öko-Institut:

Dr. Matthias Buchert
Bereichsleiter "Ressourcen & Mobilität"
Öko-Institut e.V., Büro Darmstadt
Telefon: +49 6151 8191-147
E-Mail: m.buchert[at]oeko.de