Katharina Reiche gibt Gas

Die neue Wirtschaftsministerin Katharina Reiche setzt auch beim Heizen langfristig auf Erdgas. Ist hier die Lobby zugange? Die Kolumne „Öko-logisch“.

Viele Tage im Jahr gibt es Überschussstrom, vor allem mittags durch die Photovoltaik-Anlagen. Wenige Tage und Stunden im Jahr, meist bei windstillen und nebligen Dezembertagen, dagegen die sogenannte Dunkelflaute mit wenig Wind- und Solarenergie. Die idealen Vorkehrungen einer kombinierten Strategie wären hier Verstärkung des europäischen Netzes, Nachfragemanagement und Smart Meter, Batteriespeicher, bidirektionales Laden bei E-Autos sowie Wasserstoffspeicher und -kraftwerke, übergangsweise Gasspeicher und auf Wasserstoff umrüstbare Gaskraftwerke.

Doch die neue Wirtschaftsministerin Katharina Reiche setzt lieber nur auf einen starken Ausbau von Gaskraftwerken (20 Gigawatt), kombiniert mit CCS (CO2-Abscheidung und Speicherung). Die noch von Vorgänger Robert Habeck vorgelegte Planung ging von halb so vielen Gaskraftwerken aus, die zudem auf Wasserstoff umrüstbar sein sollten.

Die Reiche-Strategie ist aus drei Gründen wenig sinnvoll. Die Gaskraftwerke müssen nur wenige Stunden im Jahr laufen und deshalb hoch subventioniert werden. Teuer erkaufte Überkapazitäten führen zu steigenden Energiepreisen. Zweitens ist bei Gaskraftwerken die Abscheidung von CO2 aufwendig, weil die die Konzentration im Abgas gering ist, anders als bei Zementwerken oder Kohlekraftwerken. Für die Abscheidung werden weitere 40 Prozent Energie benötigt. Die Kosten liegen damit bei 160 bis 200 Euro pro Tonne CO2. Drittens ist die CO2-Reduktion nur gering, weil etwa 60 Prozent der CO2-Emissionen bei der Gas-Förderung und dem Transport freigesetzt werden.

Fast noch irritierender ist, dass Reiche auch noch beim Heizen langfristig auf Gas setzt und uralte Gasheizungen weiter zulassen will - anders als die Ampelregierung und im Gegensatz zum Gebäudeenergiegesetz 2020, das die damalige CDU-geführte Regierung (!) beschlossen hatte. Die Gründe für die angekündigte Strategie bleiben - dem Thema angemessen - im Dunkeln. Ist wieder einmal – wie beim „Heizungsgesetz“ - die Gas-Lobby zugange? Oder müssen sich Reiche und CDU/CSU krampfhaft von der soliden Planung von Wirtschaftsminister Habeck abheben? Anders als in der Filmkomödie „Gib Gas – ich will Spaß“ (1983) wäre das heute für Klimaschutz und Energiepreise eine Tragödie.

Erschienen in der Frankfurter Rundschau vom 26.05.2025

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