Der eigentliche Hammer

Das „Heizungsgesetz“ musste vom Wirtschaftsministerium unter hohem Zeitdruck konzipiert werden. CDU/CSU und FDP als schärfste Kritiker hätten das in Ihrer langen Regierungszeit in aller Ruhe vorbereiten können. Gemacht haben sie nichts, dafür den Zubau der Erneuerbaren Energien abgewürgt. Dänemark hat dagegen bereits 2014 Öl- und Gasheizungen verboten und die Fernwärme massiv ausgebaut. Und die Schweizer haben in einer Volksabstimmung mit großer Mehrheit für Klimaneutralität bis 2050, sukzessiver Ersatz der Öl- und Gasheizung und finanzielle Unterstützung für Wärmepumpen&Co votiert.

Wie wohltuend: 59 Prozent der Schweizer votierten in einer Volksabstimmung für eine klare Klima-Strategie und ein entsprechendes Gesetz. Klima-Neutralität bis 2050, sukzessiver Ersatz von Öl-, Gas- und (!) Elektro-Direktheizungen und Bereitstellung entsprechender Fördermittel. Es geht also.

Inhaltlich anspruchsvoller hat das Dänemark gemacht. Bereits seit 2013 ist dort die Installation von Öl- und Gasheizungen in Neubauten verboten. Parallel dazu wurden die Wärmenetze ausgebaut. Deren Anteil liegt heute bereits bei 63 % und es sind nur noch knapp 25 % Gas- oder Ölheizungen im Betrieb.

Ganz anders Deutschland mit 70% Gas- und Ölheizungen, nur 14% Fernwärme und dem aktuellen Beschluss, dass Kommunen erst bis zum Jahr 2028 eine Wärmeplanung vorlegen - aber noch nicht umsetzen - müssen.

Klimaschutz und Energiewende fahren so an die Wand. Schuld daran haben die beiden Merkel-Regierungen, die ringsum versagt haben oder - so ist zu befürchten - versagen wollten. Dreist, dass nun auch noch die Union mit einer Heizhammer-Kampagne versucht, notwendige Klimaschutzmaßnahmen zu torpedieren.

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wurde geradezu blockiert. Der jährliche Zubau von Photovoltaik sank von 2011 bis 2019 um 50 Prozent, der Zubau von Windkraft von 2017 bis 2019 um 75 Prozent. Die längst überfällige Sanierung der Bahn wurde verschoben. Das Ziel von einer Million batterieelektrisch betriebenen Elektroautos bis 2020 wurde mit 310.000 weit verfehlt, auch weil der Ausbau des Elektroladenetzes hinterherhinkte.

Um die Ziele im Gebäudesektor zu erreichen, hätten ab dem Pariser Abkommen im Jahr 2015 jährlich vier Prozent der 20 Millionen Gebäude energetisch saniert werden müssen – stattdessen lag der Sanierungsgrad knapp unter einem Prozent. Für den sukzessiven Ersatz der bestehenden fossilen Heizungsanlagen gab es keine Planung, ebenso keine nationalen Vorgaben für den Ausbau der Wärmenetze. Vorbild hätte hier wenigstens Baden-Württemberg sein können, wo alle großen Kommunen bis Ende 2024 eine Wärmeplanung vorlegen müssen.

So gesehen hat Bundeswirtschaftsminister Habeck ein Schlamassel übernommen, noch erschwert durch die Ukraine-Krise, vorübergehend explodierende Energiepreise, eine zerstrittene Ampelkoalition und eine Abwehrschlacht der Klimaschutzgegner. Das ist der eigentliche Hammer.

Erschienen in der Frankfurter Rundschau vom 23.06.2023

zurück